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Web-exklusiv: Vollständiger Text des Interviews

 

Religionslehrerin klagt Schulamt

Kirche In Aktuelle Ausgabe

KI: Frau Brandtner-Hafner, Sie haben die Ausbildung mit Auszeichnung abgeschlossen und waren bereits seit einigen Jahren als Religionslehrerin tätig. Warum wurden Sie jetzt für Ihre Arbeit gerügt?


Brandtner Hafner: Es ist richtig, dass ich mir in meinen drei Jahren an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien – Strebersdorf – die als Eliteschmiede im Bereich der Religionslehrerausbildung in Österreich gilt – einen hervorragenden Ruf erarbeitet habe. Die Ausbildung war sehr praxisorientiert, intensiv und umfangreich. Man hat mir beste Zeugnisse, Qualifikation und Professionalität ausgestellt. Noch dazu hat man den Lehrgang nach mir von 180 Einheiten auf 60 gekürzt, was massive Einbußen der Qualität der Lehre bedeutet. Da muss man sich schon fragen, wie dann Absolventen dieses neuen Lehrgangs „Light“ beurteilt werden, wenn ich als damalige Jahrgangsbeste von der Frau Fachinspektorin in der Luft zerrissen wurde? Den Master bekommt man aktuell schon mit 90 Einheiten. Das zeigt, dass sich um dieses Berufsbild niemand wirklich mehr reißt und die Ausbildner die pure Verzweiflung erreicht hat.


Die Tatsache, dass ich eine Spätberufene war und mich für den feinen Beruf der Religionslehrerin entschied und das hervorragende Bild, das ich in meiner Ausbildung abgab, machten mich besonders stolz.

Der Begriff „gerügt“ klingt für mich da noch harmlos. Es war eine Reihe von Ereignissen, die am 5.11.2015 ihren traurigen Höhepunkt erreichten. Dieses sogenannte „Rügen“ begann schon im Winter 2014, in einer Weihnachtsstunde unter der Fachinspektorin T. vom 12.12.2014. Diese behauptete damals doch glatt, die Kinder in meiner Stunde wären „eingeschlafen“ und das, obwohl die Frau Inspektorin hinten im Klassenraum saß. Sie konnte somit nicht einmal die Augen der Kinder sehen, die ja für‘s „Schlafen“ geschlossen sein müssten.


Ernsthaft, ich konnte die SchülerInnen zum Thema Advent derart fesseln und in Besinnung bringen, dass sie sehr ruhig und aufmerksam meinem Unterricht folgten. Es gab auch eine Lehrerin, die laut Aussagen anderer Kolleginnen, von Frau Fachinspektorin T. weggemobbt wurde. Ausschlaggebend war ebenfalls ein degradierendes und entwürdigendes Gespräch unter Fachinspektorin T., was zum Burn-Out und zur Selbstkündigung dieser Kollegin führte. Und dann wird bei den Inspektionskonferenzen gemeinsam zum Lobpreis angestimmt, während dieselbe Inspektorin mit der Gitarre zum Lied anstimmt und Nächstenliebe demonstriert. Einfach unglaublich!

Es ging dann nach dieser Hospitationsstunde, von der ich bis heute offiziell kein Bericht habe, mit dem Schulwechsel ab Frühjahr 2015 in die VS im 22. Wiener ezirk unter der damaligen gefürchteten Direktorin, die mittlerweile in Pension ist. Selbst Fachinspektoren hatten Angst vor ihr. Dieses Defizit bekamen natürlich auch die Religionslehrerinnen zu spüren. Unter dieser Schulleiterin wurden in kurzer Zeit mehrere Lehrerinnen weggemobbt. Das haben mir glaubhafte Quellen erzählt. Und diese Tatsache war dem Stadtschulrat und dem Schulamt schon lange bekannt.



KI: Die Fachinspektorin hat, nach offiziellen Angaben, Ihnen nahegelegt, eine Fortbildung zu absolvieren. Sie haben jedoch nach diesem „harmlosen“ Gespräch einen Nervenzusammenbruch erlitten. Vielleicht könnten Sie das Gespräch näher schildern.


Brandtner-Hafner: Danke für die Gelegenheit, diese Frage beantworten zu dürfen! Ich möchte hier – auch im Namen der vielen anderen Opfer, die es durch ähnliche Widerfahrnisse der letzten Jahre gibt – das Schweigen durchbrechen.

Frau Fachinspektorin D. hat mich nach einer Inspektion einer VS im 20. Wiener Bezirk vom 3.11.2015 zum Thema „Allerseelen – Wir gedenken der Toten“ inspiziert.

Fortbildungen sind für Lehrerinnen immer verpflichtend und an sich keine schlechte Sache. Was jedoch bei mir der Fall war, dies mit meinem Fortbestehen als Lehrerin zu verknüpfen. Ich möchte hier eine Stelle des von Frau D. als „positiv“ bezeichneten Berichts zitierten:“


Die Ungeheuerlichkeit war, dass Frau Fachinspektor D. aus 50 Minuten Hospitation erkennen kann, ob ich als Lehrerin künftig Einsatz erwarten darf und es mir an Professionalität fehlt. Ebenso verknüpft sie mein „Bestehen als Lehrerin in Zukunft“ mittels weiterer Bedingungen, die fernab jeder Maßgabe sind.

Für jeden außenstehenden Laien ist eine massive Druckausübung gegenüber meiner Person klar erkennbar! Entschuldigen Sie bitte, es geht um das Fach „Religion“, und nicht um „Mathematik“ oder „Atomphysik“. Wenn Sie verstehen, was ich meine!

Eine Person wie Frau D., die – nach Aussagen von mehreren Lehrerinnen in Wien – selbst als Pädagogin höchst umstritten war, da von Stil her überaus unbeliebt bei Kindern.

Sie legte bei mir – und auch anderen Kolleginnen – eine noch nie dagewesene Härte an, die ihresgleichen sucht und mir völlig unverständlich ist. Ich kann mir das nur so erklären, dass seitens Frau D. nie die ernsthafte Absicht mir gegenüber bestanden hat, mich aufzubauen und langfristig auch einzusetzen. Fakt ist, dass die Maßgabe von Frau D. meiner Person gegenüber, Schulungen zu absolvieren, von Ausgewogen meilenweit entfernt ist und eher als Druckmittel missbraucht wurde. Und das kann es doch wirklich nicht sein. Fachinspektorinnen haben eine Vorbilds- und Helferfunktion, keine Straf- und Repressalfunktion. Ist es nicht so?

Jesus Christus liebte ja ebenso seine Mitmenschen und hat sie nicht herabgewürdigt oder hohem Druck ausgesetzt, damit sie ihm folgen. Das Bild des „strafenden Gottes“ gibt es schon lange nicht mehr.

KI: Die Erzdiözese behauptet, schon nach früheren Visitationen haben Sie sich krankschreiben lassen. Wurden Sie auch früher von den Fachinspektoren beleidigt?


Brandtner-Hafner: Die verantwortlichen Stellen, die dies behaupten, sagen die Unwahrheit. Solche Aussagen gegenüber meiner Person tragen bereits verleumderische Züge.

Fakt ist, dass ich mich – wie im Winter oft üblich – nach schweren Stimmbandentzündungen krankschreiben habe lassen, um einerseits mich auszukurieren, wie es mir laut Gesetz zusteht.

Ein anderer Fachinspektor hat damals verständnisvoll gesagt, wenn man krank ist, dann ist man krank.

Ich fühlte mich als „verheizt“, da ich bereits in meinem ersten Dienstjahr den undankbaren Job als Supplierreserve (sprich „Springerin“) verordnet bekam. Dies war der Preis, um einen halbwegs vertretbaren Verdienst zu bekommen. Denn der Leiter der Personalabteilung meinte, dass man nur mittels Supplierreserve zu einer vollen Lehrverpflichtung kommt. Ansonsten bliebe mir nur die Option von wenigen Wochenstunden, womöglich auch noch an mehreren Schulen „zusammengestückelt“. Dies ergebe dann in Folge einen Verdienst weit unter der Mindestsicherung, was zum Verlust meiner Wohnung, meines Autos zur Folge gehabt hätte! Hätte ich nicht meinen Mann, so wäre dies bereits traurige Realität!

Und ja, ich wurde von Frau Fachinspektorin T. überaus verunsichernd behandelt. Das betraf auch die zweite Inspektion von ihr vom 23.4.2015 in der VS im 22-sten Wiener Bezirk.

Ich darf folgenden Auszug aus dem Bericht zitierten, den Frau T. als „positiv“ bezeichnet:


.“


Sieht so ein positives Urteil aus? Mitnichten!

In jedem Bericht – 2014 und 2015 – bekam ich keine gute Beurteilung. Die Aussagen von Herrn P. in den Medien, ich sei „sehr gut“ beurteilt worden, entsprechen somit einfach nicht den Tatsachen.



KI: Anstatt mit der Erzdiözese zu reden haben Sie gleich eine Anwältin beauftragt, die Erzdiözese zu klagen. War es nicht möglich, sich außergerichtlich zu arrangieren?


Brandtner-Hafner: Seit meinem Antreten als Lehrerin im Herbst 2014 war ich immer bestens mit Kolleginnen vernetzt, die über 30 Dienstjahre haben und somit über enormes Wissen und Erfahrung verfügten. Alle rieten mir ab – wodurch ich leider bestätigt wurde – eine Lösung zu erwarten, wenn ich dies versuche, intern zu klären. Es gab sogar Fälle, die bis zum Kardinal gingen – ohne Erfolg. Im Gegenteil: alle diese Fälle endeten in einem „Beenden des befristeten Dienstverhältnisses“. Und es ging dabei auch immer um Mobbing. Mir sind aktuell mehrere gut dokumentierte Fälle bekannt. Und alle betreffen das Schulamt.

Jedenfalls habe ich am 6.11.2015, also einen Tag nach der Inspektionsnachbesprechung mit Frau D., die geleistete Unterschrift am Bericht zurückgezogen. Das wird übrigens auch in der Stellungnahme von Herrn P. gegenüber den Medien nicht erwähnt.

Ebenso bin ich nicht „überraschend“ dem Unterricht am nächsten Tag ferngeblieben, wie er in einem Puls4 Interview mitteilt. Im Gegenteil, ich bin zu Hause von meinem Ehemann, am Boden kauernd, aufgefunden worden. Ich hatte einen schweren Nervenzusammenbruch, welcher auch medizinisch belegbar und durch Gutachten mehrfach gestützt wurde. Dieses Herunterspielen meines Falles durch Medienvertreter der Erzdiözese Wien st einfach unglaublich und bestärkt mich, den Weg von Justitia über meine Anwältin Dr. Astrid Wagner gewählt zu haben.



KI: Die Erzdiözese will Sie weiter beschäftigen. Haben Sie vor, weiter als Religionslehrerin zu arbeiten?


Brandtner-Hafner: Danke für diese Frage. Es ehrt mich, wenn weiterhin die Absicht besteht, mich wieder zu beschäftigen. Jedoch müssten dafür Garantien erkennbar sein. Und diese sehe ich nicht einmal im Ansatz! Mein Vertrag ist – gemäß Regelung im Krankenstand – nach 84 Tagen ausgelaufen. Ich sitze also seit Jänner auf der Straße. Sieht so christliche Nächstenliebe aus? Nicht einmal wurde von Seiten des Schulamtes nachgefragt, wie es mir geht oder wie man mir helfen kann. Darüber hinaus gibt es Lehrer, die sogar nach sieben Jahren noch immer einen befristeten Vertrag haben. Und warum? Weil eine Frau Fachinspektorin der Meinung ist, dass sie einer Überstellung in ein unbefristetes Dienstverhältnis nicht zustimmen kann. Man ist somit auf Gedeih und Verderben dem Urteil der Fachinspektorin ausgeliefert.

Der Druck, dass sich immer mehr Kinder vom römisch-katholischen Unterricht abmelden, kommt da noch dazu.

Prinzipiell möchte ich meinen Job, für den ich 3 Jahre hart und voller Entbehrungen gearbeitet habe, ausüben. Ich liebe es, Kindern die Religion zu vermitteln und meinen Glauben zu leben. Ob es mir nach diesen massiven Vertrauensverlusten seitens der Fachinspektoren noch gestattet ist, zurückzukehren, weiß nur Gott allein.



KI: Wie war die Stimmung in der Schule als es bekannt wurde, dass Sie als Religionslehrerin nicht weiter arbeiten?  


Brandtner-Hafner: Das kann ich nicht sagen, da ich in die betroffenen Schulen nicht mehr zurückgekehrt bin. Ich bin seit dem Vorfall im Krankenstand.


KI: Solidarisieren sich die Schüler und die Lehrer mit Ihnen?


Brandner-Hafner: Ich habe seit meinem Krankenstand keinen Kontakt zu Schulen mehr. Kann ich somit nicht sagen.


KI: Dass Sie gut aussehen, auch geschieden und wiederverheiratet waren, war in der Erzdiözese bekannt und angeblich auch kein Hindernis bei der Ausübung Ihrer Arbeit?


Brandtner-Hafner: Nun ja, es wurde viel Aufsehen über mein Aussehen und Auftreten in den Medien gemacht. Es ist schon verwunderlich, dass hier vom Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Herrn P., der Boulevardjournalismus kritisiert wird. Kardinal Christoph Schönborn und Dompfarrer Toni Faber sind ja ebenfalls mit eigenen Kolumnen und Beiträgen in allen Boulevardblättern Österreichs regelmäßig vertreten.

Es ist schon richtig, dass ich eine flotte und lebensbejahende Christin bin. Ja, ich bin wiederverheiratet. Ja, ich bin Quereinsteigerin. Doch was bedeutet dies? Das was zählt, ist mein Glaube und meine Bindung zu Gott, der mich in jeder Lebenslage stärkt. Gott hat mich noch nie enttäuscht, im Gegensatz zu Vorbildern der Erzdiözese Wien. Und damit muss man als gläubige Christin klar kommen. Es war auch bis jetzt kein Hindernis, doch irgendeinen Grund muss es ja geben, dass Fachinspektoren wie D. sich bestimmte Persönlichkeiten aussuchen, auf die sie dann ohne Grund losgehen und ihre berufliche Existenz zerstören.


KI: Um Sie los zu werden, war es nicht nötig, sich des Mobbing zu bedienen. Die Erzdiözese konnte jederzeit Ihren befristeten Vertrag kündigen. Sind Sie auch dieser Meinung?

Brandtner-Hafner: So ist es. Es gibt eine Kollegin, die bereits im siebenten Dienstjahr ist und immer noch einen befristeten Dienstvertrag hat. Mit dem bekommt man nicht einmal einen Kredit! Und ja, bedient sich die Erzdiözese dieses Druckmittels. Dies ist durch mehrere gut dokumentierte Fälle belegbar. Und die Gewerkschaft? Die meint, man solle – gerade als Junglehrer – „durchtauchen“. Doch am Ende, wenn es hart auf hart kommt, bist du auf dich alleine gestellt.


KI: Was empfinden Sie als Mitglied der katholischen Kirche, von dieser gemobbt worden zu sein?


Brandtner-Hafner: Das ist eine sehr bedrückende und schwere Frage. Mein Glaube, mein Weltbild, ist zutiefst erschüttert. Mein Glaube an Gott ist wie ein Licht, das in der Dunkelheit leuchtet. Und das Schlimme dabei: die Dunkelheit kommt von den Verantwortlichen und Vorgesetzten jener Institution, die sich Menschlichkeit und Christlichkeit an ihre Fahnen geheftet hat. Ein untragbarer Zustand, mit dem ich sehr zu kämpfen habe. Und ich bin nicht die Einzige, die das betrifft. Das ist ja das Schlimme!


KI: Was wollen Sie unternehmen, damit ähnliche Fälle nicht vorkommen?


Brandtner-Hafner: Ganz klar: es müssen eindeutige Standards für die Bestellung von Fachinspektorinnen eingeführt und ein unabhängiges Kontrollgremium zur Prüfung von ähnlichen Fällen wie meinem einberufen werden. Die Inspektionsberichte über meine Person waren willkürlich ausgefüllt, je nach Empfinden. Einige Felder waren leer, einige enthielten Inhalte, die in der Hospitationsstunde nicht so stattgefunden haben. Wo sind die Standards, österreichweit? Wo ist die gesetzliche Basis? Wo ist das Evaluierungskonzept? An jeder Fachhochschule in Österreich kann man seinen Vortragenden nach dem Semester mit Fragebögen evaluieren. Warum können wir dies nicht über unsere Fachinspektoren machen?

Wie kann es sein, dass Pädagoginnen wie ich mit aller Gewalt „auf Linie“ gebracht werden sollen? Wo ist die christliche Toleranz, die Nächstenliebe, der Raum für persönliche pädagogische Entfaltung?

Gesetzlich steht mir die Methodenfreiheit zu, eine Fachinspektorin kann mir nicht meine Lehrerpersönlichkeit vorschreiben. An der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule hat man uns gelehrt, dass jeder Lehrer seine eigene Persönlichkeit auch im Unterricht zum Ausdruck bringt, und das ist gut so!

Wie kann man gerade als Christin wie Frau Fachinspektorin D. so hart gegen die Religionspädagoginnen agieren, als ob es um Leben und Tod ginge? Ich denke, sie nimmt sich und ihr Amt viel zu ernst. Erfolgreiche Menschen lassen eine gewisse Portion Selbstironie zu. Das würde vieles einfacher und lockerer machen und letzten Endes auch zu mehr Qualität, Motivation und Freude der Mitarbeiter führen.

KI: Frau Brandtner-Hafner, wir danken für das Gespräch.

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